Das sogenannte Ertragswertverfahren kommt bei der Bewertung eines Unternehmens oder verpachteten oder vermieteten Objekten vor. Dieser Ertragswert bezeichnet grundsätzlich den Barwert der zukünftigen Erträge oder Überschüsse, erwirtschaftet mit diesen Objekten. Zur Anwendung gelangt das Ertragswertverfahren hauptsächlich bei der Bewertung von Grundstücken. Bei Immobilien errechnet sich der gesamte Ertragswert aus der Addition des Bodenwertes und des Gebäudeertragswertes. Der Wert des Bodens ist hier gleichbleibend, die Restnutzungsdauer des Gebäudes dient als Faktor in der Multiplikation.
Anwendung des Ertragswertverfahrens
Das Ertragswertverfahren dient dazu, den dauerhaft erzielbaren Ertrag von Grundstücken für deren Werteinschätzung am Markt zu berechnen. Angewendet wird es bei
- Mietwohngrundstücken mit Mehrfamilienhäusern
- Geschäftsgrundstücken mit Büro- und Geschäftsgebäuden oder Einkaufszentren
- Spezialimmobilien wie Parkhäuser, Tankstellen, Hotels oder Logistikflächen
- gemischt genutzten Grundstücken
Geht es jedoch um selbst genutzte Wohngrundstücke wie Ein- und Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen, kommen eher das Vergleichswertverfahren und ergänzend das Sachwertverfahren zur Anwendung. Das Ertragswertverfahren ist ebenfalls ausgeschlossen bei vermieteten oder besonders ausgestatteten Spezialimmobilien wie etwa Bahnhöfen, kulturellen Immobilien und militärisch genutzten Grundstücken.
Ertragswertverfahren in Deutschland
In Deutschland ist das Ertragswertverfahren genau festgeschrieben in der Immobilienwertermittlungsverordnung und den Wertermittlungsrichtlinien. Hier wird die Bewertung von Grund und Boden und die Bewertung des Gebäudes getrennt. Der errechnete Wert der baulichen Anlagen sowie der Wert von Grund und Boden zusammengezählt ergibt den Ertragswert des bebauten Grundstücks.
Bewertung von Grund und Boden
Im Rahmen des Vergleichswertverfahrens wird der Wert des Grund und Bodens auf Basis von dinglichen Rechten ermittelt. Anschließend erfolgt die Bewertung der dauerhaft zu erzielenden Einnahmen aus Mietflächen hinsichtlich Größe, Qualität, Ausstattung und Marktgängigkeit. Von diesem Jahresrohertrag (Gross Operating Income) abzuziehen sind die nicht auf den Mieter umlegbaren Bewirtschaftungskosten, wie Betriebskosten, Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis. Dies ergibt den Reinertrag vor Abzug der Bodenwertverzinsung (Net Operating Income).
Bodenwertverzinsung
Zur Berechnung der Bodenwertverzinsung wird der ermittelte Bodenwert mit dem gängigen Liegenschaftszins multipliziert. Dieser Liegenschaftszins ist abhängig von der Lage und der Nutzung des Grundstückes.
Bewertung von Gebäuden
Da die Nutzbarkeit von Gebäuden, im Gegensatz zu Grund und Boden, ein Ablaufdatum hat, ist zu berücksichtigen, wie lange das Gebäude wirtschaftlich nutzbar ist. Die Gesamtnutzungsdauer abzüglich Alter des Gebäudes ergibt dessen Restnutzungsdauer, welche durch Sanierungen auch verlängert werden kann. Theoretisch ist dieser Reinertrag aus Gebäudenutzung eine konstante Zahlung über einen begrenzten Zeitraum.
Der zur Berechnung benutzte sogenannte Diskontierungssummenfaktor leitet sich aus der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszinssatz ab. Dieser Faktor, multipliziert mit dem Reinertrag, ergibt den Ertragswert der baulichen Anlagen.
Vereinfachtes Verfahren
Zur Wertermittlung ist auch ein vereinfachtes Ertragswertverfahren zulässig. Dieses lässt den Bodenwert und die Bodenwertverzinsung außer Acht und beschränkt sich auf die baulichen Anlagen (Income Approach). Jedoch sind derartige Vereinfachungen ungenau und weniger transparent als ein detailliertes Ertragswertverfahren. Daher findet sich dafür oft die abwertende Bezeichnung „Maklerverfahren“.